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Die Entwicklung der Gemeinde Oliva

von Dr. Wilhelm John

Die Geschichte der Gemeinde Oliva war naturgemäß mit der des Klosters aufs engste verbunden. Der Ort, der bis in die neueste Zeit noch die Bezeichnung „Marktflecken“ trug, hatte früher nur eine geringe Einwohnerzahl. Bei der ersten Teilung Polens im Jahre 1772 kam Oliva unter die Herrschaft des Preußisch eit Staates. Gemäß einem Einwohnerverzeichnis aus jener Zeit zähite es nur 484 Bewohner, von denen 421 unzweifelhaft deutsche Namen hatten, ein Beweis dafür, daß es unter der polnischen Herrsciait seinen ursprünglich deutschen Charakter bewahrt hatte.

Auch als das Kloster im Jahre 1831 aufgehoben wurde, war Oliva noch ein kleines Gemeinwesen mit wenigen hundert Einpoynern. Damals reichten die herrlichen Waldungen bis zur See. Leider wurde der nach der See zu gelegene Wald im Laufe der Jahre abgeholzt und das Land an die Landwirte als Weideabfindung vergeben. Heute ragen noch einige prachtvolle Niefern in der Nähe der Ludolfiner Straße und des Staiserstegs, die an die Pinien des Südens erinnern, wie Ankläger jener Waldzerstörung empor.

Jn der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts genügie für Oliva eine einfache Verwaltungsform. An der Spiße der Gemeinde stand der Dorfschulze, dessen Herrscherstab alle drei Jahre in eine andere Hand überging. Da das Amt ein Ehrenamt war, pflegten die Schulzen nur das Allernotwendigste zu erledigen. Bezeichnend für den ,,Fleiß" des lebten ehrenamtlichen Dorfschulzen war, daß der am 1. November 1852 als besoldeter Schulze oder Ortsvorsteher eingesepte Herr Gustav Schilling bitter darüber klagte, daß sein Amtsvorgänger ihm einen 3 1/2 Fuß hohen Stoß von ungeordneten und unerledigten Papieren hinterlassen habe.

Das erste Amtshaus von Oliva war das ehemalige Toroder Vogteigebäude des Klosters, das älteste unter den heutigen Häusern Olivas, am Markt Nr. 15; es steht unter Denkmalsschutz. Schon im 14. Jahrhundert erbaut, hat es ein höheres Alter als die übrigen noch erhaltenen Klostergebäude. Als der Schulze von Oliva im Jahre 1804 fein Unterkommen für sich und die Seinen finden konnte, wurde ihm vom Kloster jenes Haus als Wohnung überlassen. Außer den eigentlichen Wohnräumen, die nicht besonders üppig waren, umfaßte es eine Stapelle, von der als einzige Spur links von der später eingebauten Treppe eine Konsole im Mauerwerk nebst dem Anfang eines Spitzbogens zu sehen ist. Die Stapelle, die dem heiligen Bernhard geweiht war, hieß auch die Pestkapelle. Als nämlich im Jahre 1709 die Pest im Osten wütete und in kurzer Zeit fast den vierten Teil der Bevölkerung Ost- und Westpreußens hiuraffte, spendeten die Klosterbrüder, die durch die Klostermauern vom Verkehr mit der Außenwelt abgeschlossen waren, in der St. Bernhardskapelle der Bevölkerung in ihrer furchtbaren Not die Tröstungen der katholischen Kirche. So rief denn jeden Morgen das Glödlein der Stapelle die Gläubigen zur Andacht. Eines Morgens ichwieg die Glocke, und man betete für die Seele des an der Pest gestorbenen Kloster bruders. Ein anderer übernahm, nachdem er den Segen des Abtes empfangen hatte, den Gottesdienst in der Stapelie, aber auch er wurde ein Opfer der Seuche. Schnell hintereinander folgten noch sechs Brüder in den Tod. Als der neunte entsandt werden mußte, ließen die Mönche das Los entscheiden. Auch der Hierdurch zum Todesgang Erforene fehrte nicht wieder. Seitdem nannten die Bewohner Olivas die Stapelle die Pestkapelle und das Haus das Pesthaus.

In diesem "Pesthause" sind lange Jahre hindurch die Geschicke Olivas geleitet worden; hier walteten die Schulzen und späteren Gemeindevorsteher ihres Amtes. Seit 1836 befand das Haus sich im Besiß der Gemeinde. Zur Gewinnung von Büroräumen wurde die Pestkapelle mit einem Sostenaufwand von 856 Talern umgebaut. Noch bis 1910 hauste hier der Herrscher von Oliva mit seinen Getreuen, deren Zahl damals noch klein war. Jm Torbogen links führt eine uralte schmale Steintreppe, die als Geländer ein an der Wand befestigtes Seil hat, zu den oberen Räumen. Von diesen dienten zwei Zellen bis in die neueste Zeit den Unholden, die die Nachtruhe der ehrsamen Bürger gestört oder irgend eine andere Uebeitat begangen hatten, als vorübergehender Aufenthalt.

Die Verwaltung der Gemeinde richtete sich anfangs nad den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts von 1794. Siernach hatte Oliva bis zum Jahre 1852 keine Gemeindevertretung; der Schulze hatte allein über das Wohl und Wehe der Gemeinde zu befinden. Am 25. März 1852 erließ die Sönigliche Siegierung zu Danzig eine Verfügung, wonach die Besiber von mindestens 30 Morgen stimmberechtigt für die Gemeindevertretung waren. Diese Dinge änderten sich völlig durch das Inkrafttreten des Gesetzes, betreffend die Landgemeindeverfassungen in den sechs östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie, vom 14. April 1856. Nach Maßgabe dieses Gesekes wurde unter dem obengenannten Schuizen Gustav Schilling eine Ortssabung über die Regelung des Stimmrechts in der Gemeinde Oliva beschlossen. Ferner wurde die Ausbringung der Gemeindeabgaben und der Hand- und Spanndienste in der Gemeinde durch eine Ortssakung geregelt.

Im Jahre 1858 wollte der Divisionskommandeur v. Brauchitsch, der mit königlicher Genehmigung im Schloß von Oliva wohnte und auf das Wohl der Gemeinde sehr bedacht war, eine Schwadron dauernd hierher in Garnison legen. Allein die Gemeindevertretung lehnte, in Verkennung des hohen wirtschaftlichen Nubens jenes Planes, das Anerbieten des Generals glatt ab. Statt der zurück gewiesenen Garnison erhielt die Gemeinde am 12. November 1864 einen beträchtlichen Zuwachs, da durch Verfügung der Danziger Regierung die kommunen Pelonken, Schwabental und Mühlhof nach Oliva eingemeindet wurden.

Der Schulze Schilling segnete im Jahre 1867 das Zeitliche; er erlag der Cholera. Jhm folgte der Schulze Hermann Tümmler, der bis 1874 amtierte. Das wichtigste Ereignis während seiner Amtszeit war die Pflasterung der damals stark verfumpsten Dorfstraße, der heutigen Straße "Am Schloßgarten“, in den Jahren 1870/71. Jedoch war nicht die Gemeinde Oliva die Urheberin dieser Maßnahme, sondern der Kreis Neustadt (Westpr.), der die vielbenutzte Landstraße von Oliva über Renneberg-Kölln nach Neustadt anlegte. Zu den Pflasterkosten steuerte die Gemeinde Oliva nur 900 Taler bei, während der Danziger Kreis 4000 Taler zahlte.

Der als Nachfolger Tümmlers gewählte Schulze Napromski erhielt nicht die obrigkeitliche Bestätigung. Am 14. August 1874 übernahm als erster nach Einführung der Kreisordnung gewählter Gemeindevorsteher und von der Daniger Niegierung ernannter Amtsvorsteher der ehemalige preußische Artillerieoffizier F. W. Georg Czachowski die Leitung der Gemeinde. Er hatte im deutsch - französischen Striege von 1870/71 sein rechtes Bein verloren. Ein tüchtiger, fleißiger und umsichtiger Verwaltungsbeamter, hat er sich um die Gemeinde hohe Verdienste erworben. Wir ver?anlen ihm eine Chronik von Oliva, die er am 15. Oktober 1879 begonnen hat. Dieser Chronik sind manche Angaben dieses Ausjabes entnomunen. Obwohl Czachowski in der Einleitung des Buches den Wunsch ausgesprochen hatte, daß seine Nachfolger in das Buch alle erwähnenswerten Begebenheiten eintragen möchten, ist dieser Bitte leider nicht entsprochen worden. Erst Bürgermeister Dr. Creußburg, der im Jahre 1921 die Gemeindeverwaltung übernahm, hat angeordnet, daß die Chronik weitergeführt würde.

Auf Betreiben des Gemeindevorstehers Czachowski wurde 1875 an der Südseite der Köllner Chaussee, der heutigen Straße "Am Schloßgarten", der Bürgersteig angelegt und mit Bäumen bepflanzt. Im Jahre 1876 wurde die sehr sumpfige Rosengasse gepflastert, 1877/78 die Straße von Oliva nach Glettlau instandgelegt und 1879 die Kirchenstraße, die heutige Klosterstraße, mit Pflaster versehen.

Anfangs der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts erfuhreit die Verkehrsverhältnisse, die bis dahin sehr im Argen gelegen hatten, durch die neue Eisenbahnlinie Danzig-Köslin eine wejentliche Ver besserung. Am 1. Juli 1870 wurde die Strecke Danzig - Zoppot dem Verkehr übergeben. Im Frühjahr 1873 erbaute die Deutsche Pferdebahngesellschaft Quistorp in Berlin die Pferde - bahnlinie Danzig-Oliva und errichtete an der Abzweigung des Glettfauer Weges von der Landstraße nach Zoppot Stallungen für 160 Gäule. Dieses Internehmen geriet jedoch bald in Sionfurs, und so wurde der Betrieb schon im nächsten Jahre eingestellt. Alles nupbare Material wurde nach Langfuhr gebracht, die Ställe wurden zur Hälfte abgebrochen und das noch nicht vollendete Direktionsgebäude zum Vermieten ausgebaut. Im Jahre 1879 wurden die Gleise von Oliva bis Langfuhr wieder entfernt. Zum großen Nerger der Olivaner wurden der Wagenschuppen der verkrachten Pferdebahn und die zugehörigen Wohnräume am 1. Juli 1878 an die Justizverwaltung ver us ein Hilfsgefängnis machte, in dem hauptsächlich Bettler und Landstreicher ihre Strafe verbüßten. Das Gefängnis ist am 1. Juli 1904 wieder aufgehoben worden. Die Bewohner Olivas waren herzlich froh, als die lebten fünfzig "Sturgäste", die dort unfreiwilligen Aufenthalt genommen hatten, verschwanden.

Der hochverdiente Gemeindevorsteher Czachowski starb bereits 1885. Sein Nachfolger war der Hauptmann a. D. Richard Dultz, der von 1885 bis 1900 unermüdlich für das Wohl der Gemeinde wirfte. Während seiner Amtstätigkeit, nämlich am 1. April 1892, trat auch in Oliva die Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie, vom 3. Juli 1891, in Straft. Seitdem bestand die Gemeindevertretung aus dem Gemeindevorsteher und den Schöffen, sowie den gewählten Gemeindeverordneten, deren Zahl mindestens das Dreifache der Zuerstgenannten betragen mußte. Diese Zahl hat in Oliva geschwankt. Sie wuchs mit der Vermehrung der Einwohnerschaft und stieg vorübergehend auf die gesetzlich zulässige Höchstzahl von 24 Personen, sodaß die Gemeindevertretung einschließlich des Gemeindevorstehers und der fünf Schöffent --- diese sechs bildeten den sogenannten Gemeindevorstand – insgesamt 30 Männer umfaßte. Erst nach der Revolution von 1918, die deit Frauen das aftive und passive Wahlrecht brachte, gab es in Oliva auch weibliche Gemeindeverordnete, wie ja auch andere Ehrenämter seitdem von Frauen befleidet werden. Zuleßt bestand die Gemeindevertretung von Oliva aus dem Gemeindevorsteher, sechs Schöffen und 21 Gemeindeverordneten, zusammen also 28 Personen, darunter eine Frau.

Von 1900 bis 1903 wurde das Amt des Gemeindevorstehers von Dr. Hasse versehen, der, ursprünglich Chemifer, für den ihm übertragenen wesensfremden Posten trop seines guten Willens nicht der rechte Mann war.

Im Jahre 1903 wurde Paul Luchterhand, der aus der Verwaltungspraris hervorgegangen war, Gemeinde- und Amtsvorsteher. In die Zeit seiner Tätigkeit, die sich bis 1914 erstrecte, fällt ein bedeutender Aufschwung Olivas. Der Ort entwickelte sich durch ein starfes Anwachjen der Bevölkerung und durch eine rege Bautätigkeit sehr schnell. Was die Bautätigkeit betrifft, so ist hier leider sehr schwer gesündigt und manches Haus errichtet worden, das dem Orte nicht zur Zierde gereicht. Auch fehlte es seinerzeit an einem Bebauungsplan für den Gemeindebezirk. Hoffentlich wird in Zukunft eine weitere Verschandelung unseres herrlichen Olivas mit allen Mitteln verhindert. Im übrigen verdankt Oliva dem Fleiße und der Tatkraft des Gemeindevorstehers Luchterhand und der Wirksamfeit der damaligen Gemeindevertretung viele wichtige Einrichtungen. So wurden nach der Eingemeindung Glettkaus die dortige Strand halle, die Badeanstalten und der Seesteg geschaffen, der am 16. August 1909 feierlich eröffnet wurde. Ferner wurden im Jahre 1907 das Gaswerk, 1911 das Wasserwerk und im Frühjahr 1914 die beiden neuen Badeanstalten erbaut, nachdem die alten Baulichkeiten im Januar 1914 durch eine ungeheure Sturmflut zerstört worden waren. Inzwischen hatte die Gemeinde Oliva elektrische Beleuchtung durch die vom Streise Danziger Höhe erbaute Ueberlandzentrale Straschin-Prangschin erhalten. Das elektrische Licht diente zunächst nur für die Innenbeleuchtung der Häuser; vor einigen Jahren ist es auch an die Stelle der früheren Gasbeleuchtung der Straßen und Plätze getreten. Eine Zierde Olivas ist der prächtige, mit allen erforderlichen Einrichtungen versehene, namentlich in gesundheitlicher Hinsicht lobenswerte Bau des Lyzeums, der in den Jahren 1912/13 entstanden ist.

Am 1. April 1907 wurden die sommunen Glettkau und it Conradshammer in die Gemeinde Oliva aufgenommen. Aus dieser Eingemeindung entbrannten in dem sonst so friedlichen Oliva heftige Kämpfe, besonders in der Gemeindevertretung, in der man durch den Eingemeindungsvertrag den Bewohnern von Glettkau und Konradshammer für die mehrere Jahre dauernde Uebergangszeit eine unverhältnismäßig große Zahl von Gemeindeverordneten bewilligt hatte.

Eine großartige und eindrucksvolle Feier wurde anläßlich der 250 jährigen Wiederkehr des Friedensschlusses von Oliva (3. Mai 1660) am 3. Juli 1910 begangen. Vormittags wurde in beiden Kirchen ein Festgottesdienst, außerdem in der Klosterkirche ein Tedeum abgehaltensm Anschluß hieran wurde das Kloster und eine im Friedenssaale veranstaltete historische Sammlung besichtigt. Um 12 1/2 Uhr bewegte sich ein stattlicher Festzug durch den Ort zum Pelonker Plaz. Hier fand ein Festakt statt, der durch Gesänge und Keigen der Schulfinder verschönert wurde. Gemeindevorsteher Luchter hand begrüßte die Gäste. Die eigentliche Festrede wurde von Professor Dr. Hillger aus Danzig-Langfuhr gehalten. Nachmittags vereinigten zahlreiche Bürger Olivas sich mit den Ehrengästen, unter denen die Spiken sämtlicher Behörden von Danzig waren, zu einem Mahle im Stöniglichen Schloß. Später wurde am Glettkauer Strande ein Badefest unter allgemeiner Beteiligung der Bevölkerung von Oliva und Umgegend veranstaltet. Die Feier nahm einen würdigen und harmonischen Verlauf.

Daß die im Mai 1901 eröffnete elektrische Bah it Danzig-Oliva und Sie im Sommer 1908 in Betrieb genommene Bahn nach Glettkau zur Entwicklung Olivas in hohem Maße beigetragen haben, bedarf wohl feiner besonderen Betonung.

Auf den Gemeindevorsteher Luchterhand, der im Herbst 1914 als Bürgermeister von Müncheberg (Marf) berufen wurde, folgte zunächst ein Jnterregnum, während dessen der Regierungsreferendar Martinius aus Frankfurt a. d. Oder und der Regierungsreferendar Moll die Verwaltung Olivas fommissarisch führten. Von 1915 bis 1921 hat dann der zum Gemeindevorsteher gewählte Zoppoter Stadtrat Fwistel feines Pites mit regem Fleiße und durchgreifender Tatkraft gewaltet. Jhm oblag vor allem, die ungeheuren Schwierigkeiten zu meistern, die der Gemeinde aus den Verhältnissen der Striegszeit und der Jahre nach dem Striege erwuchsen. Von großer Bedeutung war die während seiner Amtszeit durchgeführte Anlage der dringend notwendigen Kanalisation, eines durch die Höhenunterschiede und Bodenverhältnisse des Ortes recht müheseligen Werfes.

Als Bürgermeister Twistel Oliva verließ, um einen einträglicheren Posten in Danzig zu übernehmen, und die Stelle des Gemeindevorstehers öffentlich ausgeschrieben wurde, liefen so viele Bewerbungen ein, daß der Gemeindevertretung die Wahl sehr sauer wurde. Im Juli 1921 wurde Dr. Herbert Kreuzburg, der Rechts- und Staatswissenschaft studiert hatte, schon in mehreren Verwaltungsstellen erfolgreich tätig gewesen war und den Strieg als Artillerieoffizier mitgemacht hatte, zum Gemeindevorsteher gewählt. Von der Aufsichtsbehörde erhielt er wie sein Amtsvorgänger den Titel Bürgermeister. Unter der Amtsführung des Bürgermeisters Dr. Creußburg hat das höhere Schulwesen von Oliva sich dadurch recht erfreulich gestaltet, daß die von Fräulein Marie Stumpf vor langen Jahren begründete und als Lyzeum anerkannte höhere Mädchenschule, eine Musteranstalt im schönsten Sinne des Wortes, und die seinerzeit von dem Pfarrer a. D. Martin Barkowski ins Lebeit gerufene und mehrere Jahre mit bestem Erfolg geleitete höhere Sinabenschule als Realgymnasium i. E. von der Gemeinde übernommen wurden. Während Frau Direktorin Stumpf das Lyzeum bis auf den heutigen Tag in ungeminderter geistiger Frische leitet, wurde als Studiendirektor des neuen Realgymnasiums Dr. johannes Müller berufen. Jnzwischen ist der Ausbau des Kealgymnasiums als Vollanstalt verwirklicht; in diesem Jahre findet dort die erste Abituriententprüfung statt. Sehr zu wünschen ist, daß die emporstrebende, sich stetig entwickelnde Anstalt, die vorläufig noch im Gebäude des Lyzeums untergebracht ist, in absehbarer Zeit ein eigenes Heim erhält.

Durch die Heranziehung von Judustrie, die vielen Angestellten und Arbeitern Beschäftigung gewährt, hat Bürgermeister Dr. Creußburg sich große volkswirtschaftliche Verdienste erworben.

Da das alte Amtshaus schon längst nicht mehr dem Bedürfnis genügt hatte, war das Gemeindeamt im Jahre 1910 in das Haus Am Schloßgarten 25 verlegt worden, in dem auch ein Sibungssaal für die Gemeindevertretung hergerichtet wurde, die bis dahin meist in einem Schulraume getagt hatte. Als dann im Jahre 1913 die höhere Mädchenschule in den Neubau des Lyzeums übersiedelte, wurde das hierdurch freigewordene Gebäude vom Gemeindeamt bezogen. Es wurde mehrfachen Umbauten unterworfen. Besonders wurde im Jahre 1925 ein genügend großer Raum für die Sibungen der Ge meindevertretung geschaffen, die eine Zeitlang in der Aula des Lyzeums abgehalten werden mußten. Jn diesem Saale des Amtshauses haben die Männer und Frauen, die über die Angelegenheiten Olivas zu beraten hatten, zulebt getagt und noch manchen Redefampf ausgefochten.

Am 31. Oktober 1920 wurde die prächtige evangelische siirche, die unter den überaus schwierigen Verhältnissen der Striegszeit erbaut worden war, als „Versöhnungskirche" eingeweiht.

Mit ernster Sorge wurde die Bürgerschaft Olivas durch verschiedene Pläne bezüglich der Verwendung des Schlosies erfüllt. Glücklicherweise wurden jene Pläne, deren Ausführung geradezu eine Entwürdigung des herrlichen Abtsiges und eine Pietätlosigkeit ohne gleichen, auch eine schwere Schädigung des Schloßgartens bedeutet haben würde, vom Senat abgelehnt und eine Verwendung der schönen Räume beschlossen, die allgemeinen Beifall gefunden hat: es wird dort das in der Entstehung begriffene Staatliche Landesmuseum für Danziger Geschichte eingerichtet, das der Heimatsinn zu stärfen und uns manche Anregung zu geben berufen ist. Möge jeder diesem Museum sein volles Interesse zuwenden.

Schon seit einer Reihe von Jahren wurde die Gemeinde Oliva von zwei Seiten wie eine holde Maid umworben: sowohl die altchrwürdige Stadt Danzig als auch das nach dem Kuhme eines Weltbades strebende Zoppot trugen inbrünstiges Verlangen, sich mit dem wundervollen Kurort, der so verheißungsvolle Entwicklungsmöglichkeiten bietet, dauernd zu vereinigen, d. h. ihneinzugemeinden. Zwar waren auch in Oliva Leute für die Eingemeindung nach Danzig; aber die weitaus größte Zahl der Olivaner war der Ansicht, daß die Selbständigkeit der Gemeinde unter allen Umständen erhalten bleiben müsse. Daher wurden alle im Laufe der Zeit auftauchenden Eingemeindungsanträge von der Gemeindevertretung abgelehnt. Indes die Verhältnisse waren stärker als die Gemeindevertretung. Durch verfehlte geschäftliche Maßnahmen hatte die Gemeindesparkasse im Jahre 1925 einen so schweren Verlust erlitten, daß sie sich an die Städtische Sparkasse von Danzig um Hilfe wenden mußte. Danzig war bereit zu helfen, aber nur unter der Bedingung, daß Oliva sich mit Danzig vereinigte. Nach langwierigen Verhandlungen stimmte die Gemeindevertretung von Oliva mit schwerem Herzen der Eingemeindung nach Danzig zu. Auch der Streis Danziger Höhe wehrte sich mit Bänden undgegen das Ausscheiden des Ortes, allein vergeblich.

Seit dem Herbst 1925 führte der Gemeindeschöffe Generalleutnant a. D. Feldtkeller eine Zeitlang die Amtsgeschäfte in sehr anerkennenswerter Weise, bis der vom Senat beauftragte Oberregierungsrat Dr. Meyer - Barkhausen als kommissarischer Gemeindevorsteher die Geschäfte übernahm. Dieser leitete am 30. Juni 1926 die lebte Sizung des Gemeindeparlaments von Oliva. Am nächsten Tage, dem 1. Juli 1926, fand vormittags im Sißungsjaale des Rathauses von Oliva die feierliche Uebernahme der Amtsgeschäfte durch Vertreter des Senats und der Stadt Danzig statt, an ihrer Spiße der Präsident des Senats, Dr. Sahm, der die gewissenhafte Erfüllung der der Gemeinde Oliva gemachten Zusagen durch die Stadtgemeinde Danzig gelobte, und zwar nicht nur dem Buchstaben, sondern auch dem Geiste nach. So hatte Olivas Selbst ändigkeit aufgehört, die alte deutsche Hansestadt Danzig hatte Oliva als köstlichsten Juwel in ihre Krone eingefügt.

Zum Schlusse seien noch einige Zahlen angeführt, die Kunde von Olivas Entwickelung geben. Bei der Volkszählung vom 1. Dezember 1881 wurden in Oliva 3921 Seelen gezählt. Die Ergebnisse der späteren Zählungen waren: 1890 = 4334, 1895 = 4836, 1900 = 6471, 1905 = 7612, 1910 = 9346, 1917 = 10 488, 1919 = 11 716. Am 31. August 1924 hatte Oliva 13 927 Einwohner, darunter 11 267 Danziger Staatsangehörige. Also eine ununterbrochene Steigerung der Einwohnerzahl. Kein Wunder; denn wen sollte es nicht mächtig und unwiderstehlich nach unserm von der gütigen Natur mit solcher Anmut und mit solchem Liebreiz ausgestatteten ErdenFleck ziehen!


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