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OCR (Google):
hat". Mit diesen Worten beginnt der Jre Chatterton-Hill sein Buch über „Jrland und seine Bedeutung für Europa" 2).
Und in der Tat! Was ist der großen Menge unserer Menschheit, der großen Masse der Europäer, ja was ist uns selbst Jrland, was wissen wir von ihm und seiner Vergangenheit? Meist ist Jrland nur ein leerer Name, ja nicht wenige gibt es, die nicht einmal wissen, wo Jrland liegt, geschweige denn sie kennen etwas von seiner großen Geschichte und Vergangenheit. Und jene, die von Jrland etwas wissen, sehen es meist in falschem Lichte, in einem Bilde, gezeichnet von England, Jrlands Todfeind in religiöser und politischer Hinsicht oder aber sie schauen es durch das Glas völlig einseitig gezeichneter protestantischer Geschichtsauffassung, dern die Geschichte Jrlands ist zum wesentlichen ein Kamyf des Protestantismus gegen der Katholizismus, eine grausame Unterdrückung der Jren ihres katholischen Glaubens wegen.
In diesem Bilde schauen wir Jrland als das Land endloser eintöniger Torfmoore und noch endloserer Weidepläke, als das Land der Verarmung und der Verwahrlosung, in dem an den chönsten Pläßen als die Kulturträger sich englische Lords breit machen, während im Innern des Landes ein verarmtes Volk in armseligen Hütten in schwelenderit Torfrauch in Lumpen haust, wo blinde und zerlumpte Bettler mit der Harfe, dem Nationalinstrument der Jren, wehmütig melancholische Lieder fingend von Haus zu Haus wandern, wo Untätigkeit, ja „katholische Jnferiorität" handgreiflich zu beweisen scheint, daß dies katholische Volt für Kultur und Fortschritt, für Leistung in Handel und Wirtschaft nicht fähig ist. Und mit Vorliebe weist man auf Jrland hin, um die katholische Kulturunfähigkeit zu kennzeichnen.
Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß dies vom Feinde entworfene Bild ein Zerrbild ist, aber es muß betont werden, daß der Jre ganz und gar nicht schuld ist an seinem wirtschaftlichen Elend, an feiner Verarmung, sondern daß dies eine Folge ist einer unerhörten Mißhandlung und Ausbeutung durch die Engländer, einer Mißhandlung, wie die Weltgeschichte wohl kaum von einer zweiten zu berichten meiß.
Jrland ist ein von der Natur reich gesegnetes Land, in dem alle Vorbedingungen gegeben sind für einen glänzenden wirtschaftlichen Aufstieg. Wenn trokdem beim Klange des Wortes Jrland vor unserem Auge nicht das Bild eines reichen, glücklichen Volfes, glänzender Städte mit reicher Industrie ersteht, sondern das Gespenst der Armut auftaucht, so kann dafür nicht das Land hafthar gemacht werden und nicht eine Vernachlässigung der Natur, sondern der Menschen. Nicht der irischen Menschen, sondern die englischen Unterdrücker und Ausbeuter des Landes, die systematisch jeden Aufstieg und jeden Handel unterbinden, die Irland von jeher als die melkende Kuh benußt haben, z. B. noch im Jahre 1845/49 aus dem Lande Milliardenwerte an Lebensmitteln führten, während in diesen Jahren gegen eine Million Menschen in Jrland buch
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2) Herausgegeben mit einem Geleitwort von E. Meyer, Berlin, 1916, Curtius.
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